Initiative

Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist von allgemeinem Interesse. Wie es mit der Biodiversität in deutschen Wäldern aussieht und wohin sie sich entwickelt, können die bereits seit Jahrzehnten bestehenden nationalen Monitoringprogramme (z. B. Boden- und Waldzustandserhebung, intensives forstliches Umweltmonitoring) allerdings nicht umfassend beantworten. NaBioWald soll diese Lücke schließen und wird aus mehreren Modulen bestehen.
Von besonderem Interesse für NaBioWald sind die Erfassung der Wechselwirkungen in Raum und Zeit zwischen der biologischen Vielfalt der Wälder und den Umweltfaktoren wie Klima, Bodenbeschaffenheit, Schad- und Nährstoffeintrag sowie der Waldbewirtschaftung. Die in NaBioWald gewonnenen Daten und Informationen bilden die notwendige Grundlage für eine biodiversitätsorientierte, adaptive Waldbewirtschaftung, unterstützen die Wald- und Naturschutzpolitik von Bund und Ländern und decken nationale und internationale Berichtspflichten ab. Schnittstellen zu anderen Monitoringprogrammen außerhalb des Waldes sollen Erkenntnisse zu landnutzungsübergreifenden Erhebungen in größeren räumlichen Einheiten (Landschaften, Regionen) geben.
Anforderungen an ein nationales Biodiversitätsmonitoring:
Vier Thesen für NaBioWald
Ein nationales Biodiversitätsmonitoring im Wald soll den Informationsbedarf für den Schutz und die Entwicklung der Biodiversität in Wäldern decken. Die Ergebnisse sollen zum einen direkt der Praxis der Waldbewirtschaftung zur Verfügung stehen. Zum anderen soll das Monitoring die Grundlagen für die Waldpolitik des Bundes und der Länder zum Biodiversitätsschutz und zur Lösung von Ziel- und Interessenkonflikten bereitstellen. Es soll außerdem Beiträge zu den Berichtspflichten im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt und weiterer internationaler Anforderungen leisten.
Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von NaBioWald ist sein besonderer Fokus auf den Einfluss der Forstwirtschaft und anderer Waldnutzungen (z. B. Erholung, Jagd) auf die Biodiversität. Aus den Erkenntnissen des Monitorings erwachsende Ansätze können die Basis für die Initiierung und Ausgestaltung von Förderprogrammen und anderen Anreizsystemen sein und liefern eine Grundlage für das adaptive Wald-Management im Klimawandel.
Ein adäquates Biodiversitätsmonitoring muss die verschiedenen Ebenen der biologischen Vielfalt adressieren, d. h. die genetische Diversität, die Artendiversität sowie die Vielfalt an Ökosystemen und Funktionen. Die Erfassung und Auswertung der entsprechenden Erhebungen soll nach einheitlichen, standardisierten Methoden erfolgen und belastbare qualitative und quantitative Aussagen zur Waldbiodiversität ermöglichen, die von der nationalen bis zur regionalen Ebene repräsentativ sind. Geeignete Erhebungsmethoden bei häufigen bzw. weit verbreiteten Arten und Lebensraumtypen können zum Beispiel terrestrische Stichproben-Erhebungen sein. Bei seltenen Arten und Lebensraumtypen können Erhebungen im Totalzensus erfolgen. Weiterhin können indirekte indikatorische Ansätze genutzt werden, beispielsweise durch die Auswahl repräsentativer und funktional bedeutsamer Indikatorarten bzw. Artengruppen und durch Erfassung struktureller Merkmale von Waldlebensräumen (u. a. Bestandsdichte, Schichtung, Totholzmenge und -qualität, Sonderstrukturen), um auf das Vorhandensein von Zielorganismen zu schließen. Besonders für Betrachtungen auf größerer räumlicher Ebene (Landschaften, Regionen) bieten sich ergänzend auch digitale Verfahren der Fernerkundung an. Die verschiedenen Ansätze sollten einander ergänzen und darauf zielen, ein möglichst breites Spektrum an Elementen zu erfassen (Arten, Gene, Biotope, Waldgesellschaften, Waldökosysteme, Ökosystemleistungen und deren Wechselwirkungen untereinander und mit externen Einflussfaktoren).
Im Wald existieren zum Teil seit Jahrzehnten etablierte nationale Monitoringprogramme. Hierzu gehören die Walderhebungen nach § 41a Bundeswaldgesetz (BWaldG), wie die Bundeswaldinventur (BWI), die Bodenzustandserhebung im Wald (BZE), die Waldzustandserhebung (WZE) und das Intensive Forstliche Umweltmonitoring (Level II). Naturschutzfachliche Programme sind u. a. das Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Monitoring von Waldlebensraumtypen und waldgebundenen FFH-Arten, das Vogelmonitoring (Monitoring häufiger Brutvögel und Monitoring seltener Brutvögel) in Wäldern, das Monitoring auf Flächen des Nationalen Naturerbes (NNE) sowie Monitoring und Forschung in Naturwaldreservaten und Großschutzgebieten (siehe auch Übersichten unter https://www.monitoringzentrum.de/steckbriefe). Nationale Programme zum Ökosystemmonitoring und zum Insektenmonitoring, die in systematischer Form auch Wälder einbeziehen, sind derzeit in Erprobung bzw. im Aufbau. Allerdings ist es auch mit der Gesamtheit aller laufenden und derzeit geplanten Monitoringprogramme zur Biodiversität in Wäldern nicht möglich, belastbare Rückschlüsse auf alle relevanten Treiber und deren Kombinationen für verschiedene Ebenen der Biodiversität zu ziehen. Daher soll das Konzept für eine gezielte Erweiterung laufender Erhebungen bzw. für ergänzende Neuerhebungen auf der Basis einer Lückenanalyse der vorhandenen Monitoringsysteme erarbeitet werden.
Der aktuelle Zustand der Biodiversität muss im Zusammenhang mit ihrer Entwicklung in der Vergangenheit und mit abzusehenden künftigen Trends bewertet werden. Dafür ist es erforderlich, kausale Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Umweltwirkungen (u. a. Klima- und Standortwandel, Luftverunreinigungen und Stoffeinträge) sowie dem Waldmanagement als Treiber der Dynamik der Biodiversität zu analysieren. Dies wird als besonderes Alleinstellungsmerkmal unseres Waldbiodiversitätsmonitorings angesehen, um zielgerichtet sowohl die Wirkung politischer Maßnahmen (Fördermaßnahmen, ordnungspolitische Vorgaben) als auch variierende Management- und Nutzungseinflüsse beurteilen und anpassen zu können. Insbesondere sollen Wirkungen von Maßnahmen der Luftreinhaltung, zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts, des Klimaschutzes, des Naturschutzes und der Waldbewirtschaftung auf die Waldbiodiversität analysiert und bewertet werden.
Wälder sind ein Teil der Landschaft und werden durch die Form und Intensität der sie umgebenden Landnutzungen beeinflusst. Die übergreifend wirkenden Umweltfaktoren wie Klima und Witterung, Schad- und Nährstoffeinträge, Schalenwildeinfluss, Erholungsdruck, Fragmentierung und Grundwasserabsenkungen haben auch Effekte auf den Genfluss und die Migration von Arten und Organismen in und aus Wäldern. Wälder wirken umgekehrt auch auf Landnutzungen in ihrer Umgebung. Daher soll das Monitoring Schnittstellen beinhalten, die eine Vernetzung mit Monitoringaktivitäten in anderen Landnutzungsformen und landnutzungsübergreifenden Erhebungen ermöglichen. Dabei ist eine Betrachtung der Übergangszonen (Ökotone) zwischen Wald und Offenland bzw. Wald und Siedlungsraum von besonderem Interesse.
Die Aufgabe eines bundesweiten Biodiversitätsmonitorings im Wald ist sowohl inhaltlich komplex als auch organisatorisch aufgrund der notwendigen Kooperationen aufwändig. Hierfür ist die Zusammenarbeit aller wichtigen Akteure in Wissenschaft, Praxis, Verwaltung und Politik auf verschiedenen administrativen Ebenen erforderlich: Forstverwaltungen bzw. -betriebe, Waldbesitzerinnen und -besitzer, Naturschutzverwaltungen, (Arten-)Expertinnen und Experten sowie Ehrenamtliche, Fachgesellschaften für bestimmte Organismengruppen, Ressortforschungseinrichtungen, Bundesund Landesbehörden, Ministerien. Dazu sollen die Vernetzung der Akteure gefördert, Synergien erschlossen, Doppelbefassungen vermieden und Konkurrenz um Kompetenzen und Zuständigkeiten vermindert werden. Eine besondere Bedeutung hat die Vernetzung des Biodiversitätsmonitorings im Wald mit langfristig orientierten universitären und außeruniversitären Forschungsprogrammen, insbesondere mit hohem Anwendungsbezug. Damit wird es möglich, neue Techniken und Methoden zu testen, Schnittstellen zur Biodiversitätsforschung zu schaffen, die Ergebnisse zeitnah in die Praxis zurückzuspiegeln und so das Monitoring weiterzuentwickeln bzw. seine Ergebnisse unmittelbar anwendbar zu machen.
Für diese umfassenden Aufgaben müssen Verantwortlichkeiten vereinbart und abgestimmt werden, um ein dauerhaft umsetzbares Monitoringsystem zu entwickeln. Eine Grundvoraussetzung hierfür sind ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen. Diese müssen langfristig und planbar zur Verfügung stehen. Hierfür ist eine zwischen Bund und Ländern abgestimmte dauerhafte Finanzierung notwendig.