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Fledermäuse

Relevanz

Als insektivore Prädatoren spielen Fledermäuse im Nahrungsnetz von Wäldern eine wichtige Rolle. Sie haben sehr komplexe und im Jahresverlauf wechselnde Ansprüche an ihren Lebensraum. Fledermäuse sind daher wichtige Anzeiger für die Habitatqualität von Wäldern (Russo et al. 2021, Singer et al. 2021) und gute Indikatoren für die Biodiversität zahlreicher weiterer waldgebundener Artengruppen. Auch auf die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen, wie in unseren Breiten vor allem die natürliche Kontrolle von Insekten-Massenvermehrungen, können Fledermäuse einen signifikanten Einfluss haben (Kunz et al. 2011, Beilke und O‘Keefe 2023).
Von den insgesamt 24 in Deutschland lebenden Fledermausarten besitzen acht Arten eine enge und weitere fünf Arten eine mittlere Bindung an den Wald. Für die eng an Wald gebundenen Arten ist das Angebot an Quartierbäumen entscheidend für die Habitateignung eines Waldes. Die Eignung eines Waldes als Jagdhabitat wird vor allem von der Raumstruktur bestimmt. Vertikal reich gegliederte, reife Laubwälder beherbergen die größte Artenvielfalt an Fledermäusen, während hallenartig strukturierte Altersklassenwälder und stark aufgelichtete Schirmschläge deutlich artenärmer sind (Dietz 2007). Für einzelne, naturschutzrechtlich prominente Arten, wie das Große Mausohr sind aber Hallenwälder ein gut geeignetes Jagdhabitat.
Alle Fledermausarten sind sowohl besonders als auch streng geschützte Arten gemäß BNatSchG. Nach § 44 BNatSchG besteht neben dem direkten Tötungsverbot der flächendeckende Schutz ihrer Lebensstätten vor Beschädigung und Zerstörung und ein Störungsverbot in der Fortpflanzungs-, Wanderungs- und Winterruhezeit. Fledermäuse sind demnach sowohl ökologisch als auch naturschutzrechtlich eine sehr wichtige Artengruppe im Wald.

Methodik und Praxistauglichkeit

Für ein nationales Fledermausmonitoring im Wald mit der Zielsetzung Präsenz und Aktivitätsdichte auf Artebene können in Anlehnung an Dietz und Krannich (ebd.) und unter Berücksichtigung der Praxistauglichkeit die bioakustische Erfassung in Kombination mit Netzfängen empfohlen werden. Eine rein bioakustische Erfassung kann lediglich für einzelne Arten und sonst nur auf der Ebene von Artengruppen Ergebnisse liefern. Daher sind zusätzliche Netzfänge – auch für die Alters- und Geschlechtsbestimmung – auf einer Unterstichprobe notwendig. Es ist zu berücksichtigen, dass die Auswertung der Audiodaten recht aufwendig ist und einen hohen Grad an Expertise erfordert. Zudem ist Sorge für die Speicherung der umfangreichen Datenbestände zu tragen. Der Erfassungsturnus könnte idealerweise in einem zweistufigen System organisiert werden, indem eine synchrone Ersterfassung aller Aufnahmeflächen in eine rollierende Inventur im Turnus der BWI übergeht (jährlich wären also 10 % der SPF zu erfassen). Überlegenswert ist auch eine Synchronisation mit der 6-jährigen FFH-Berichtspflicht.

Erhebungsflächen

Ein Fledermausmonitoring, das auf den Zusammenhang dieser Artengruppe mit der Waldbewirtschaftung abzielt, ist nur auf ausreichend großen Bezugsflächen, deren Waldstruktur ebenfalls (ggf. aber mit einem anderen Turnus) erfasst wird, sinnvoll. Daher scheiden die nationalen Rasterinventuren mit kleinräumigen Aufnahmeflächen, wie die BWI oder die BZE, ebenso hierfür aus wie die Level II- Flächen. Gut geeignet sind dagegen die großen Aufnahmeflächen der systematischen Flächenstichprobe (SPF, 1 km²), wobei hier in Übereinstimmung mit den Gefäßpflanzen, Moosen und Flechten die 200 Wald-Flächen ausgewählt und mit 100 Zusatz-Flächen (Bewirtschaftungsgradient) ergänzt werden.

Aufwand

Die gegenwärtigen Kosten für die akustische Erfassung und die Durchführung von Netzfängen können aus den Erfahrungen des aktuellen Fledermausmonitorings der FVA Baden-Württemberg abgeleitet werden. Demnach sind bei Vergabe der Arbeiten an Dritte 1.500 € je Netzfangnacht sowie für die Felderfassung mit Batcordern und die Auswertung der Rufe 3.000 € je Fläche anzusetzen.
Unter den Maßgaben von 200 SPF-Flächen, die in einem ersten Durchgang komplett und danach je Jahr in Tranchen von 20 Flächen (rollierendes Inventursystem) erfasst werden ergeben sich für drei Netzfangnächten sowie die Aufzeichnung und Auswertung der entsprechenden Audiodaten Gesamtkosten von 900.000 € (Netzfänge) plus 600.000 € (Audioerfassung und -auswertung) = 1.500.000 € im ersten Jahr. Nach dieser Erstinvestition fallen bei einem 10-jährigen Turnus je Jahr 150.000 € an. Hierbei sind die Kosten für die bundesweite Datenhaltung nicht berücksichtigt.

  • Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2020) Bestimmung von Fledermausrufen und Kriterien für die Wertung von akustischen Artnachweisen, Teil 1. 86 p. Zugriff am 19.08.2024. https//www.lfu.bayern.de/natur/fledermausschutz/lautaufzeichnungen/index.htm
  • Beilke E A, O’Keefe J M (2023) Bats reduce insect density and defoliation in temperate forests – An exclusion experiment. Ecology 104(2) e3903 (1-12). https//doi.org/10.1002/ecy.3903
  • Bütler R, Lachat T, Larrieut L, Paillet Y (2013) Habitatbäume – Schlüsselkomponenten der Waldbiodiversität. In Kraus D, Krumm F. (Hrsg.) (2013) Integrative Ansätze als Chance für die Erhaltung der Artenvielfalt in Wäldern. European Forest Institute, p 84-94
  • Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bund-Länder-Arbeitskreis (BLAK) FFH-Monitoring und Berichtspflicht (Hrsg.) (2017) Bewertungsschemata für die Bewertung des Erhaltungsgrades von Arten und Lebensraumtypen als Grundlage für ein bundesweites FFH-Monitoring. Teil I Arten nach Anhang II und IV der FFH-Richtlinie (mit Ausnahme der marinen Säugetiere). Stand Oktober 2017. BfN-Skripten, 480
  • Dietz M (2007) Ergebnisse fledermauskundlicher Untersuchungen in hessischen Naturwaldreservaten. Naturwaldreservate in Hessen, 10, 70 p
  • Dietz M, Krannich E (2019) Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) – Eine Leitart für den Waldnaturschutz. Handbuch für die Praxis. Hrsg. Naturpark Rhein-Taunus
  • Dietz M, Krannich E (2024) Handbuch Fledermausmonitoring auf Flächen des Nationalen Naturerbes und anderen Naturschutzflächen. 51 p, Zugriff am 15.08.2024. https//www.naturschutzflaechen.de/nne-monitoring/fledermausmonitoring
  • Dietz M, Morkel C, Wild O, Petermann R (2020) Waldfledermausschutz in Deutschland. Sichern FFH-Gebiete und Alt- und Totholzkonzepte den Erhaltungszustand geschützter Fledermausarten? Natur und Landschaft 95(4):162-171
  • Gustafsson L, Bauhus J, Asbeck T, Augustynczik A L D, Basile M, Frey J, Gutzat F, Hanewinkel M, Helbach J, Jonker M, Knuff A, Messier C, Penner J, Pyttel P, Reif A, Storch F, Winiger N, Winkel G, Yousefpour R, Storch I (2019) Retention as an integrated biodiversity conservation approach for continuous-cover forestry in Europe. Ambio. https//doi.org/10.1007/s13280-019-01190-1
  • Kraus D, Krumm F (Hrsg.) (2013) Integrative approaches as an opportunity for the conservation of forest biodiversity. In Focus – Managing Forests in Europe. European Forest Institute, Joensuu
  • Larrieu L, Cabanettes A, Delarue A (2012) Impact of silviculture on dead wood and on the distribution and frequency of tree microhabitats in montane beech-fir forests of the Pyrenees. European Journal of Forest Research 131:773-786
  • Russo D, Salinas-Ramos V B, Cistrone L, Smeraldo S, Bosso L, Ancillotto L (2021) Do We Need to Use Bats as Bioindicators? Biology 10(8)693. https//doi.org/10.3390/biology10080693
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