Bodenorganismen
Relevanz
Böden werden von einer großen Vielfalt an Bodenorganismen besiedelt, die eine hohe funktionelle Bedeutung im Stoffkreislauf besitzen (Russell et al. 2024). Die Vielfalt und Aktivität der Boden-Mikroorganismen aus Pilzen, Bakterien, Archaeen und anderen Einzellern ist wichtig für Funktionen wie die Kohlenstoffspeicherung, die Resilienz von Bäumen gegenüber dem Klimawandel und den Umsatz von organischen Bestandteilen. Auch die Meso- und Makrofauna spielen etwa beim Umsatz von organischem Material eine wichtige Rolle und verhelfen dem Boden zu einer intakten Struktur. Daher sind Bodenorganismen essenziell für die Entstehung von Böden, die Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit, die natürliche Schädlingsregulation und die Pufferung gegenüber Klimaeinwirkungen und Schadstoffeinträgen (Bardgett und van der Putten 2014). Im Vergleich zu den Kenntnissen über die oberirdischen Prozesse sind die Kenntnisse zum Zustand der Diversität der Bodenorganismen wie auch zu den Trends und Zusammenhängen jedoch gering (Guerra et al. 2024).
Bodenorganismen besitzen eine hohe indikatorische Funktion (Wagg 2014): In Bezug auf die forstliche Bewirtschaftung reagieren sie auf die Baumartenwahl, die Entnahme von Biomasse, die Menge an natürlichem Totholz sowie die Befahrung von Waldböden (Klein-Raufhake et al. 2024, 2025). Klimatische und bodenphysikalische Veränderungen wie der Temperatur- und Wasserhaushalt beeinflussen die Vielfalt und Aktivität der Bodenorganismen (Pollierer et al. 2021). Weiterhin reagieren vor allem die Enchyträen und Regenwürmer äußerst sensibel auf Einträge von Fremdstoffen wie Pestiziden, die direkt in den Tieren messbar sind. Schließlich wirken sich die Veränderungen der bodenchemischen Eigenschaften infolge der Lufteinträge auf die Zusammensetzung und Aktivität der Bodenorganismen aus (La France 2002).
Gesellschaftspolitisch besitzen die Bodenorganismen eine große Bedeutung für die Bereitstellung von regulierenden Ökosystemleistungen (Eisenhauer et al. 2024). Vielfältige und intakte Bodenlebensgemeinschaften fördern die Resilienz von Ökosystemen gegenüber Klimaextremen wie Dürren oder Starkregenereignissen und machen sie widerstandsfähiger gegenüber Einträgen von Pflanzenschutzmitteln und Luftverunreinigungen. Die Diversität und Funktionalität der Bodenorganismen ist äußerst wertvoll für die Gesellschaft, unter anderem als Grundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Zeiten des Klimawandels (NMZB 2024).
Methodik und Praxistauglichkeit
Um die Synergien mit bereits durchgeführten und geplanten Erhebungen nutzen zu können, orientiert sich das Verfahren an der Biologischen Bodenzustandserhebung im Wald (BBZE), einem Projekt unter Federführung des Thünen-Instituts für Waldökosysteme. Die konzeptionelle Entwicklung erfolgte in Abstimmung mit dem Konzept für ein bundesweites Bodenbiodiversitäts-Monitoring als Empfehlung für die geplante bundesweite Basiserhebung der Bodenbiodiversität (NMZB 2024).
Die Auswahl der Artengruppen im Rahmen von NaBioWald stellt einen Kompromiss zwischen dem Ziel einer möglichst vollständigen Abdeckung der Bodenorganismen und dem praktisch Machbaren dar. Ausschlaggebend waren dabei in Bezug auf die Artengruppen der indikatorische Wert und der Kenntnisstand sowie in Bezug auf die Machbarkeit der zeitliche und finanzielle Aufwand der Durchführung. Gleichzeitig ist es das Ziel, möglichst das ganze Größenspektrum von den Mikroorganismen bis zur Makrofauna abzudecken. Daraus abgeleitet wurden die Gruppen der Mikroorganismen, die Hornmilben, die Springschwänze, die Enchyträen und die Regenwürmer ausgewählt.
Für diese Gruppen existieren etablierte quantitative, flächenbezogene Methoden zur Erfassung von Vielfalt, Biomasse und Funktionalität (Dunger und Fiedler 1997) bzw. DIN-Normen. Das Metabarcoding für die Mikroorganismen befindet sich noch in der Entwicklung, erlaubt jedoch zumindest semiquantitative Aussagen zur Diversität. Die Biomasse von Pilzen und Bakterien wird mittels Quantifizierung der DNA abgeschätzt. Für die Enchyträen, die Springschwänze sowie die Hornmilben existieren standardisierte Methoden zur Ermittlung von Vielfalt und Abundanzen. Die Vielfalt, Abundanz und Biomasse der Regenwürmer wird über Extraktionen und Handauslese erfasst.
An jedem Standort ist die Beprobung von vier Replikaten vorgesehen. Beprobt werden die Humusauflage und die oberen 5 cm des Mineralbodens. Die Beprobung einer Fläche orientiert sich prinzipiell am Vorgehen der BZE-Wald, wobei an nur vier Satelliten um einen gemeinsamen Mittelpunkt herum beprobt wird. Eine Beprobung ist auf jedem Standort an jedem der vier Satelliten durchzuführen. An jedem Satellitenpunkt sind fünf Proben zu entnehmen: je eine Probe für die Mikroorganismen und die Makrofauna sowie drei Proben für die Mesofauna. Die Beprobung ist im Frühjahr bzw. im Herbst durchzuführen; Sommerhitze und Winterfrost sind zu vermeiden. Ein Beprobungsdurchgang sollte nach Möglichkeit aus zwei aufeinanderfolgenden Jahreszeiten innerhalb eines Jahres bestehen. Eine Wiederholung sollte nach fünf, spätestens nach zehn Jahren erfolgen. Eine Harmonisierung mit der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE Wald) ist anzustreben.
Für die Auswirkungen des forstlichen Managements sind die Erfassung der vorhandenen Baumartenzusammensetzung, die Ermittlung möglicher Rückegassen bzw. sonstiger Auswirkungen von Befahrung sowie die Abschätzung der entnommenen Biomasse durchzuführen. Thermische und hygrische Kennwerte sind für die Standorte zu ermitteln. Die Pestizidkonzentration ist in ausgewählten Organismen zu erfassen. Depositionsraten sind ebenfalls an den Standorten abzuschätzen.
Erhebungsflächen
Die Beprobung findet für alle Gruppen auf 500 Standorten statt. Darin enthalten sind 68 Flächen des Intensiven Forstlichen Umweltmonitorings (Level II) und eine Unterstichprobe des Netzes der Bodenzustandserhebung (332 Flächen im BZE Wald, 16 x 16 km-Raster). Auf diesen Flächen finden auch Aufnahmen der Gefäßpflanzen sowie der Moose und Flechten statt. Wie bei anderen Artengruppen wird das Flächenset auch mit den 100 Zusatz-Flächen (Bewirtschaftungsgradient) ergänzt.
Aufwand
Abgeleitet aus den Erfahrungen der BBZE sind für das Modul Bodenorganismen folgender finanzieller Aufwand für die Beprobung von 500 Flächen zu kalkulieren:
- Regenwürmer: 200.000 € (400 € je Fläche)
- Enchyträen: 250.000 € (500 € je Fläche)
- Springschwänze: 250.000 € (500 € je Fläche)
- Hornmilben: 200.000 € (400 € je Fläche)
- Mikroorganismen: 200.000 € (400 € je Fläche)
Daraus ergibt sich eine Gesamtsumme von 1.100.000 € (2.200 € je Fläche), entsprechend 220.000 € pro Jahr bei einem fünfjährigen Turnus.
- Bardgett R D, van der Putten W H (2014) Belowground biodiversity and ecosystem functioning. Nature 515(7.528):505-511
- Dunger W, Fiedler H J (1997) Methoden der Bodenbiologie. 2nd ed, Gustav Fischer Verlag, Jena, 539 p
- Eisenhauer N et al. (2024) Bodenbiodiversität. In Wirth C, Bruelheide H, Farwig N, Marx J M, Settele J (Hrsg.) (2024) Faktencheck Artenvielfalt Bestandsaufnahme und Perspektiven für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland. Oekonom Verlag, München. https//doi.org/10.14512/ 9783987263361
- Guerra C A, Eisenhauer N, Tebbe C, Xylander W E R, Albert C, Babin D, Bartkowski B, Burkhard B, Filser J, Haase D, Hohberg K, Kleemann J, Kolb S, Lachmann C, Rillig M C, Römbke J, Ruess L, Scheu S, Scheunemann N, Steinhoff-Knopp M, Wellbrock N, Ristok C (2024) Foundations for a national assessment of soil biodiversity. J Sustain Agric Environ. 2024; 3 e12116
- Klein-Raufhake T, Hölzel N, Schaper J, Hortmann A, Elmer M, Fornfeist M, Linnemann B, Meyer M, Rentemeister K, Santora L, Wöllecke J, Hamer U (2024) Severity of topsoil compaction controls the impact of skid trails on soil ecological pro-cesses. Journal of Applied Ecology 61:1817-1828
- Klein-Raufhake T, Hölzel N, Schaper J, Elmer M, Fornfeist M, Linnemann B, Meyer M, Neuenkamp L, Rentemeister K, Santora L, Wöllecke J, Hamer U (2025) Disentangling the Impact of Forest Management Intensity Components on Soil Biological Processes. Global Change Biology 31e70018
- La France M (2002) Zu den Auswirkungen experimenteller Waldneugründungs- und Waldumbaumaßnahmen auf die saprophage Invertebratenfauna an extrem immissionsgeschädigten des Osterzgebirges (Sachsen). PhD Thesis, TU Dresden, 197 p
- NMZB (Nationales Monitoringzentrum zur Biodiversität) (2024) Konzept 1.0 für ein bundesweites
Bodenbiodiversitätsmonitoring. Erste Ausführung mit Empfehlungen für das Monitoringmodul
„Bundesweite Basiserhebung der Bodenbiodiversität“, Stand 12/24 (unveröffentlichter Entwurf) - Pollierer M, Klarner B, Ott D, Digel C, Ehnes R B, Eitzinger B, Erdmann G, Brose U, Maraun M, Scheu S (2021) Diversity and functional structure of soil animal communities suggest soil animal food webs to be buffered against changes in forest land use. Oecologia 196:195-209
- Russell D J, Tebbe C, Ashwood F, Scheunemann N, Hohberg K (2024) Beeindruckende Vielfalt des Bodenlebens. Natur und Landschaft 99(9/10):426-435
- Wagg C, Bender S F, Widmer F, van der Heijden M G A (2014) Soil biodiversity and soil community composition determine ecosystem multifunctionality. P Natl Acad Sci USA 111:5266-5270