Monitoring-Design
Das vorgeschlagene Monitoring-Design von NaBioWald zielt darauf ab, möglichst große Synergien zwischen bereits vorhandenen Erhebungen mit Waldbezug auf nationaler Ebene zu erreichen und zielgenau weitere Erfassungen zu ergänzen. Insgesamt werden sechs Artengruppen bzw. -kombinationen für ein taxonomisches Monitoring vorgeschlagen: Gefäßpflanzen, Flechten und Moose, Brutvögel, Fledermäuse, Insekten und Spinnen sowie Bodenorganismen. Genetische Untersuchungen zur innerartlichen Variation bei ausgewählten Gefäßpflanzen- und Insektenarten repräsentieren die Diversitätsfacette der genetischen Vielfalt.
Die bestehenden Walderhebungen (z. B. BWI, BZE, Forstliches Umweltmonitoring/ForUm) erfassen Daten auf lokaler Standortebene (Flächen von wenigen Quadratmetern bis maximal 1 ha), wohingegen das naturschutzfachliche Ökosystem-Monitoring (ÖSM) Landschaftsausschnitte von 1 km² Fläche betrachtet. Andere bestehende Programme wie das Naturwaldmonitoring sind räumlich dazwischen einzuordnen. Die bestehenden Aufnahmen lassen sich in lokale, standortbezogene Aufnahmen der Gefäßpflanzen, Moose und Flechten und der Bodenorganismen sowie in eher landschaftsbezogene Aufnahmen von Artengruppen mobiler Brutvögel und Fledermäuse einordnen. Die Erfassung der ebenfalls mobilen Arthropoden steht zwischen diesen beiden Ebenen. So ergibt sich aus der Verknüpfung bestehender Monitoringprogramme im Wald mit naturschutzfachlichem Bezug eine günstige Kombination unterschiedlicher Artengruppen und deren räumlicher Lebensraumbezüge.
Bezogen auf die ausgewählten Artengruppen decken bisherige und geplante Monitoringprogramme aus den Bereichen Walderhebungen und Naturschutzmonitoring bereits einige Erhebungen ab, die direkt oder zum Teil angepasst und nach methodischer Harmonisierung integrierbar sind. Zusätzliche Erhebungen sind allerdings erforderlich, zum einen um Waldlebensräume mit einer bisher noch unzureichenden Erfassung
(→ Lebensraum-Monitoring) und zum anderen die ausgewählten Artengruppen abzudecken. Zur Vervollständigung des Bewirtschaftungsgradienten spielen insbesondere Wälder mit Bewirtschaftungseinschränkungen und natürlicher Entwicklung (Naturwaldreservate, NNE-Flächen) in Schutzgebieten (→ Gradienten-Monitoring) eine wichtige Rolle.
Standardisierte Waldstruktur-Erhebungen (nach dem Verfahren der Bundeswaldinventur) auf allen Erhebungsflächen und Nutzung von Struktur-Diversitäts-Relationen (s. aktuelle Publikationen von Zeller et al. 2022, Storch et al. 2023) und Hochrechnung der Biodiversitätsinformationen auf die regionale bis nationale Skala mithilfe der Waldstrukturdaten auf bis zu 80.000 BWI-Punkten und perspektivisch auch mit Fernerkundungs-Erhebungen (Proxy-Indikation)
Das angestrebte Biodiversitätsmonitoring entlang von Management-Intensitätsgradienten erlaubt die Analyse der Wechselwirkung zwischen Waldbewirtschaftung und anderen Einflussgrößen wie Klima/Witterung, Deposition und perspektivisch den Einwirkungen von Pflanzenschutzmitteln unabhängig von einer gemeinsamen Punktlage. Gradienten werden so gewählt, dass Wälder mit natürlicher Entwicklung (Naturwaldreservate, Kernzonen von Nationalparken, etc.) mit unterschiedlicher Dauer der Nutzungsfreistellung und Wirtschaftswälder verschiedener Bewirtschaftungsformen und -intensitäten bgedeckt sind. Durch die Stilllegung zu definierten Zeitpunkten ergeben sich im großräumigen Vergleich unterschiedliche Entwicklungen, welche auch mit Daten aus bestehenden Messprogrammen (z. B. BWI) angereichert werden. Während die Standort- und Bodeneigenschaften standardisiert erfasst werden, werden modellierte Klimadaten verwendet, die mit Messdaten aus den vorhanden Monitoringverfahren (z. B. Level II) kalibriert bzw. validiert werden. Die Ergebnisse zum Managementeinfluss sind immer in Wechselwirkung mit weiteren Einflussgrößen für unterschiedliche Standortseinheiten zu bewerten.
Ein inklusives Monitoringdesign mit allen Erhebungen an den gleichen Punkten oder Flächen ermöglicht als Vorteil eine direkte Verknüpfung aller Erhebungen und Messungen, wodurch spezifische Beziehungen zwischen Einflussgrößen und Artengruppen-Diversität für jeden einzelnen Punkt abgeleitet werden können. Hieraus ergeben sich Analyse- und Auswertungsoptionen wie Multidiversitätsindizes und eine hohe statistische Aussagekraft zur Wirkung der Einflussfaktoren.
Im Vergleich hierzu bietet das vorgeschlagene integrative Kombinationsdesign folgende Vorteile:
- Die Integration bestehender Monitoringdaten (Walderhebungen, naturschutzfachliches Monitoring) vermeidet Doppelerhebungen und ermöglicht die Nutzung wertvoller, zeitlich teils weit zurückreichender Datensätze. Mit einem zeitlich statischen Punkt-Ansatz würden viele retrospektive Daten für Auswertungen nicht genutzt und das Monitoring würde deutlich teurer werden, um eine vergleichbare Informationstiefe zu erreichen.
- Die Biodiversitätsdaten für unterschiedliche, ausgewählte Artengruppen (z. B. Moose/ Flechten gegenüber Vögeln) und deren Treiber haben z. T. deutlich unterschiedliche räumliche Bezüge (Aufenthalts- bzw. Migrationsraum der Arten und Wirkraum der Treiber). Eine reine Punkt-zu-Punktverknüpfung kann diese unterschiedlichen räumlichen Bezüge der Artengruppen häufig nicht abbilden, sodass räumliche Übertragungen über den Erfassungsraum hinaus erforderlich sind. Damit verliert ein inklusives, punktbezogenes Monitoringdesign seinen Vorteil gegenüber einem integrativen Monitoring verschiedener Flächen- bzw. Punktnetze.
- Die Waldstruktur und ihre Veränderung stellt als prägende Lebensraumgröße für eine Reihe von Artengruppen eine Annäherung (Proxy-Indikation) für ihr Vorkommen und ihre Diversität dar (z. B. Zeller et al. 2022, Storch et al. 2023). Die ca. 80.000 Punkte der Bundeswaldinventur bilden eine hochrepräsentative und regional bis deutschlandweit flächendeckende Stichprobe der Waldstruktur und ihrer Veränderung in den letzten Jahrzehnten. Sie liefert die Grundlage für eine Regionalisierung bzw. Hochrechnung der Biodiversitäts-Einschätzung über vorliegende Struktur-Diversitätsbeziehungen. Über die Nutzung von Fernerkundungsverfahren zur Strukturerfassung können die Biodiversitätserhebungen in NaBioWald perspektivisch zusätzlich an flächendeckende Waldstrukturerfassungen angebunden werden.
- Storch F, Boch S, Goßner M, Feldhaar H, Ammer C, Schall P, Polle A, Kroiher F, Müller J, Bauhus J (2023) Linking structure and species richness to support forest biodiversity monitoring at large scales Annals of Forest Science 80:3. https//doi.org/10.1186/s13595-022-01169-1
- Zeller L, Baumann C, Gonin P, Heidrich L, Keye C, Konrad F, Larrieue L, Meyer P, Sennhenn-Reulen H, Müller J, Schall P, Ammer C (2022) Index of biodiversity potential (IBP) versus direct species monitoring in temperate forests. Ecol. Indic. 136108692. https//doi.org/10.1016/j.ecolind.2022.108692